Die US-Märkte sind durch die Intervention der FED und das Helikoptergeld der Regierung unverhältnismäßig gestiegen. Der Anstieg stammt allerdings nur von wenige modische Aktien, während die meisten anderen stagnieren. Das ist an sich nichts Neues. Aber inzwischen sind die Rahmenbedingungen, die auf nachlassende Kurse hindeuten, so zahlreich, dass ein Rücksetzer meiner Meinung nach kurzfristig bevorstehen könnte.
Überproportionaler Kursanstieg
Die internationale Wirtschaft hat sich zwar seit dem Covid-19-Einbruch beachtlich erholt. Die Finanzmärkte sind verglichen damit jedoch weit überproportional optimistisch und gallopieren der Wirtschaftsleistung davon. Das liegt unter anderem daran, dass die FED und die EZB über große Konjunkturprogramme viel Liquidität bereitstellen. Das Geld kommt nur leider kaum in Produktion und Konsum an, sondern sucht vor allem nach Investitionsmöglichkeiten. Gleichzeitig mit den Aktienindizes ist auch der Goldpreis dieses Jahr auf Rekordhoch gestiegen. Das wurde begeistert als Aufbruch zu noch höheren Höchstständen aufgefasst. Dieser überschwengliche Optimismus lässt mich eher niedrigere Preise bis Ende des Jahres erwarten. Längerfristig dürfte sich die steigende Geldmenge in höherer Inflation und damit weiter steigenden Rohstoffpreisen niederschlagen. Ja, ich weiß, dass das schon seit einem Jahrzehnt verkündet wird. Eine Weile kann es bis zu steigenden Zinsen auch noch dauern.
Warnhinweise
Was allerdings beim Anstieg auch nicht mitmacht, ist die Breite der börsennotierten Aktiengesellschaften. Vermutlich gilt das ebenso für die unzähligen kleinen Kleinunternehmen und Selbstständigen, deren Firmen nicht an Börsen notiert und darum viel schwieriger zu betrachten sind. In den Indizes tragen vor allem eine Handvoll große Firmen aus dem Hightechsektor den Anstieg, während der große Rest anfängt zu fallen. Diese Entwicklung lässt sich am McClellan-Oszillator verfolgen.
Der McClellan-Oszillator verdient irgendwann einen eigenen Blog-Eintrag. Hier sei nur erwähnt, dass er mehr oder weniger misst, wie „breit“ die aktuelle Kursentwicklung eines Index auf die einzelnen darin enthaltenen Wertpapiere verteilt ist. Positive Werte stehen für positive Entwicklung in einem Großteil der Werte, negative für eine allgemeine negative Entwicklung. Wenn der Kurs des Index stark ansteigt wie in letzter Zeit, aber der McClellan-Oszillator gleichzeitig negativ ist, ist das ein Warnhinweis. Ein Großteil der Werte fällt bereits, und der gesamte Index könnte bald folgen, wenn der Schwung des Restes sich ebenfalls erschöpft.
Anstieg im Hightech-Sektor
Die Werte, die derzeit den Anstieg befeuern, sind diejenigen, die man mit FAANG, FAAMG, FATMAN, GAFAM oder ähnlichen Akronymen abkürzt, namentlich in erster Linie Facebook, Apple, Tesla, Microsoft, Amazon,Netflix, Google. Allerdings kommen in letzter Zeit noch andere stark wachsende Firmen dazu. Ich nenne hier mal exemplarisch ein paar, die mir gerade einfallen: Square, Docusign, Tradedesk, Alteryx, Shopify, Zscaler, Splunk, Fastly, Crowdstrike. Es gibt noch weitere, die die Erinnerung an den Dotcom-Boom um die Jahrtausendwende aufleben lassen. Ihre Bewertungen sind fundamental betrachtet zum Teil ähnlich optimistisch. Quotienten wie das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) sind zu Recht als Maß für den erwarteten Anlageerfolg umstritten, zumal bei Wachstumswerten, die dazu neigen, ihren Bewertungen davonzuwachsen. Auch das KGV wird einmal einen eigenen Blogeintrag bekommen. Für Firmen, die erst seit kurzem existieren und noch nie Gewinne erwirtschaftet haben, sind die Kurse extrem fortgeschritten. Man kann sie mit einigem Recht als überbewertet betrachten.
Besonders wahnwitzig mutet der Aktienkurs bei Tesla an. Falls Tesla wirklich bis in einigen Jahren zum größten Autohersteller wird, wäre der Börsenwert dann angemessen. Allerdings wachsen Aktienträume praktisch nie dermaßen vorzeitig in den Himmel, ohne zwischendurch wieder erheblich zurückzukommen. Sollte der Optimismus für Teslas glorreiche Zukunft getrübt werden, wäre eine scharfe Korrektur zu erwarten. Neuere Verkaufszahlen deuten darauf hin, dass andere Autohersteller mit ihren E-.Autos an Marktanteil gewinnen –
Saisonalität
Traditionell sind die zwei Monate September und Oktober vor den Wahlen in den USA eine Zeit fallender Kurse. Obwohl einzelne Jahre von diesem Muster natürlich auch stark abweichen können, spricht das zumindest ein bisschen dafür, dass es derzeit besser sein könnte, sich von Aktienengagements zurückzuhalten.
Ausblick
Dies ist keine Prognose, sondern nur eine Mutmaßung und auf keinen Fall Grund für irgendwelche Anlageentscheidungen.
Es wäre denkbar, dass die großen Finanzmärkte von Anfang September bis Ende Oktober 2020 zweistellig nachgeben. Nach der US-Wahl dürften sie wieder anzusteigen. Um die Wahl herum wäre daher womöglich ein guter Zeitpunkt, um wieder Aktien zu kaufen.